Hallo Sabine,
kein Grund zum Entschuldigen für den Roman – ich finde es gerade gut, dass Du so ausführlich “von der anderen Seite” berichtest. Und Du hast natürlich Recht: manchmal muss man strukturell eingreifen, und dann verändert sich der Originaltext automatisch sehr weit weiter.
Ich kenne das ja von meinen Workshops oder Coachings auch, dass manchmal ein kompletter Text “fällt”, weil einfach die Grundstruktur noch nicht stark genug oder überhaupt nicht vorhanden ist.
Das Gemeine aus Autorensicht ist halt immer, wenn man über solche Änderungen gar nicht in Kenntnis gesetzt wird. Gerade auch der Punkt von wegen “Zeit zu knapp” wurde mir auch schon oft gesagt. Klar verstehe ich, dass da eine ganze Kette an Leuten beteiligt ist und manchmal die Zeit zu knapp ist; aber es ist mehr als bitter, wenn man am Ende sein eigenes Werk nicht mehr wieder erkennt oder sogar Aussagen untergeschoben werden, bei denen sich einem die Haare zu Berge stellen.
Nun möchte ich aber natürlich auch nicht tauschen: besonders wenn Du einen Text unterbekommst, der schlecht ist, oder es mit einem Autoren zu tun hast, der um jedes Komma streitet (da gibt es offenbar auch nicht wenige).
Und das mit dem Feinschliff durch das Lektorat, das manchmal vielleicht sogar so heftige Züge annimmt, dass jemand als guter Autor gilt, der aber eigentlich gar nicht richtig schreiben kann, so dass “der nächste Lektor weint”, ist natürlich das Allerschlimmste.
Ich hatte ja auch schon einige Male betont, wie viel ich schon von guten Lektoren profitiert habe. Wie toll das funktionieren kann, habe ich gemerkt, wenn ich lektorierte Texte mit Originaltexten Wort für Wort verglichen habe – und so manches Mal ganz erstaunt war, wie viel teilweise an Passagen lektoriert wurde, und zwar in einer Weise, die mir gar nicht aufgefallen ist! Und das ist die Königskunst: Inhalte aber auch Stil des Autoren so zu bewahren, dass er es selbst nicht unterscheiden kann.
Und der Idealfall – am Ende entsteht mit vereinten Kräften – ein besserer Text sollte noch öfter der Fall sein.
Ich habe erst gestern wieder erfahren, wie unterschiedlich man als Autor wertgeschätzt wird und wie oft man auch ganz absichtlich dessen Belange übergeht. Das ist zum Glück nicht der Regelfall, aber es ist immer wieder ärgerlich. Ich hoffe, dass dieses Urteil besonders bei den Leuten, die sich so gar nicht drum scheren, dazu führt, da ein wenig mehr Bewusstsein zu schaffen, dass es eben durchaus Grenzen gibt.
Viele Grüße
Gitte